
Aller guten Dinge sind Drei
Trio Orelon, 27. Januar 2025, 19:30 Uhr, Meistersingerhalle
Das Trio Orelon, gebildet von Judith Stapf (Violine), Arnau Rovira i Bascompte (Cello) und Marco Sanna (Klavier), das neben vielen Preisen 2023 den ARD-Wettbewerb und den Publikumspreis gewann, reizt die Kritiker zu sich überschlagenden Attributen. Von Harmonie ist da die Rede und von Kreativität, von unbändiger Energie und Intensität, von Emotionalität und Forscherdrang. Am Montag, 27.01.2025, konnte man dieses Lob in der Kleinen Meistersingerhalle nachvollziehen, denn dort spielte das Trio Orelon auf Einladung des Privatmusikvereins.
Schon allein die Programmgestaltung verhieß einen harmonischen Abend. Auf Tschaikowskys Wintermonate aus op. 37b folgte Anton Arenskys Klaviertrio Nr.1 in d-Moll op. 32 und nach der Pause Antonin Dvořáks Klaviertrio Nr. 3 in f-Moll op. 65. Als Tschaikowsky seine Jahreszeiten verfasste, befand er sich in einer finanziell prekären Lage und ein Musikverleger half ihm mit dem Auftrag, für jeden Monat ein Klavierstück nach einem Gedicht zu schreiben, aus der Patsche. Und so wirbeln Schneeflocken im Dreiertakt, freut man sich mit den Klängen noch einmal auf Weihnachten, schlägt über die Stränge in Fastnachtsstimmung.
Anton Arensky war Freund und Bewunderer Tschaikowskys und führte mit seinem op. 32 dessen Linie weiter, ein Klaviertrio, in dessen Mitte eine Elegie steht, für einen berühmten Musiker zu schreiben. Dieses Werk widmet er dem seinerzeit bekannten Petersburger Solocellisten und Professor Karl Juliewitsch Davidow. Dem Forscherdrang des Trio Orelon ist es zu verdanken, dass Arensky an diesem Abend in der Chronik des Privatmusikvereins eine Premiere feiern darf. Tschaikowsky und Arensky bleiben in einem vergleichbaren musikalisch-harmonischen Raum. Wer ihn betritt, könnte sich emotional zurückversetzt fühlen ins späte 19. Jahrhundert. Die Orelons fluten ihn mit runden, warmen Klängen.
Das Ausnahmewerk Dvořáks, das sich nicht nur an slawischen Melodien, sondern vor allem am brahmsschen Vorbild orientiert, greift nach der Pause in neue Sphären aus. Das Trio Orelon steigert sich in den Mollklängen dieses düsteren, melodisch einmaligen Werkes zu enormer Intensität. Erst ganz zum Schluss atmet man auf beim erlösenden F-Dur.
Klaviertrios sind eine gefährliche Sache. Allzu leicht tut sich da einer hervor, meist ist es das Klavier, und stört den Gesamtklang, oder man versucht, die Gemeinsamkeiten so auf die Spitze zu treiben, dass die markanten Themen eines Werkes ihre Kraft verlieren. Das Trio Orelon meistert diesen schwierigen Parcours in perfekter Meisterschaft und höchster Balance. Hier haben sich drei hochbegabte, sensible Musiker gefunden, denen es darauf ankommt, einander zuzuhören und sich einzufühlen in die klangliche Welt der Partner. Dieser Gemeinschaftssinn überträgt sich magisch aufs Publikum und es wird, was der aus dem Esperanto stammende Name dieses Trios verheißt: ganz Ohr.
Ulrike Bauermeister-Bock