7 auf einen Streich
Beethoven-Septett, 14. November 2024, 19:30 Uhr, Meistersingerhalle
Franziska Hölscher ist eine der engagiertesten Violinistinnen unserer Zeit und in den großen Konzerthäusern beheimatet. Erneut ist es der Geigerin gelungen, mit einem von ihr zusammengerufenen Ensemble zu überraschen. Es nennt sich mutig nach der, auch im Konzertprogramm zentralen, Inkunabel der Kammermusik: Beethoven-Septett. Hier haben sich musikalische Schwergewichte gesucht und gefunden, die in der Regel schon in ihren Jugendjahren durch herausragende Musikalität auffielen. Heute findet man Wen Xiao Zheng (Viola), Andrei Ionita (Violoncello), Dominik Wagner (Kontrabass), Sebastian Manz (Klarinette), Felix Klieser (Horn), Dag Jensen (Fagott) und natürlich Franziska Hölscher (Violine) mit den unterschiedlichsten Programmen als Solisten und in zahlreichen Formationen auf den Konzertbühnen Europas. Alle haben sie große Preise gewonnen wie den Echo-Klassik oder waren Preisträger z.B. des ARD-Wettbewerbs. Das Beethoven-Septett ist demnach eine rundum gelungene, hochkarätige Formation, die auf Einladung des Privatmusikvereins am 14.11.2024 im Kleinen Saal der Meistersingerhalle ein im ersten Teil außergewöhnliches Konzertprogramm zu Gehör bringt.
Der musikalische Reigen beginnt mit einem „vergeblichen Ständchen“ (Serenata in vano, CNW 69) des dänischen Komponisten Carl Nielsen aus dem Jahr 1914. Klarinette, Fagott, Horn, Violoncello und Kontrabass geben sich hier als muntre Gesellen, die einer Schönen erst heiter, dann nachdenklich den Hof machen, nicht erhört werden und sich schließlich im Tempo di Marcia trollen. Man meint, ihren Gesprächen, illustriert von den unterschiedlichen Instrumenten, folgen zu können: Ihrer kleinen Enttäuschung, über die sie sich mit Neckereien und Scherzen hinwegtrösten. Eine kurze, liebevolle Humoreske, musikalisch wundervoll ausgewogen vorgetragen und bestens geeignet, auf den Konzertabend einzustimmen.
Noch in Jean Françaix‘ (1912-1997) Streichtrio glaubt man, den vier Burschen musikalisch hinterherzublicken. Schon während der Studienzeit bei Nadja Boulanger entstand das humorvolle Werk mit subtiler Harmonik und etlichen musikalischen Finessen, die Violine, Viola und Cello höchste Präzision abfordern. Hölscher, Zheng und Ionita meistern den Geschwindschritt des Werks, in dem man auch Jazziges zu hören glaubt, mit Bravour.
Nach der Pause bietet das Beethoven-Septett DAS Beethoven-Septett (op.20/Es-Dur). Sebastian Manz, der alle Stücke sympathisch anmoderiert, bezeichnet es u.a. als „Beethovens 0. Sinfonie“. Beethoven selbst soll sich im Nachhinein von seinem Septett distanziert und sich über seine Beliebtheit geärgert haben. Schwer nachvollziehbar. Als Zuhörende könnte man sich fragen, ob sich hier männlich (Blasinstrumente) und weiblich (Streicher) gegenüberstehen, sich leidenschaftlich umwerben im Adagio und Allegro con brio, tief in die Augen blicken im Adagio cantabile, sich auch physisch näher kommen im Menuett und einander in musikalischen Sinus-Cosinus-Kurven im Andante con Variazioni umschlingen. Im Scherzo bremst Madame den jugendlichen Übermut ihres Liebhabers und schließlich eilen die beiden presto davon. Das Beethoven-Septett macht seinem Namen alle Ehre. Hier musizieren sieben Meister ihres Faches mit vollkommen gleichwertiger musikalischer Präzision und ohne jeden Egotrip meisterhaft zusammen.
Das altersdurchmischte Publikum der gut besuchten Kleinen Meistersingerhalle spendete dem Beethoven-Septett frenetischen Applaus. Eine Sternstunde, die die weiteren Konzerte des Privatmusikvereins (10.12.24 Hasselhorn/Bushakevitz; 27.01.25 Klaviertrio Orelon) mit Freuden erwarten lässt.
U. Bauermeister-Bock